Auch wenn es eine längere Pause gegeben hat, es geht weiter mit meiner Serie: „Reitlehre leicht gemacht“. Reiten hat zwar viel mit Praxis zu tun, aber auch die Theorie sollte nicht zu kurz kommen – nicht umsonst gibt es bücherweise Reitlehren, auch wenn diese nicht immer ganz einfach zu verstehen sind.
Das heutige Thema: Stangenarbeit
Wenn es um die Arbeit mit Stangen geht, ist der erste Gedanke: Springreiten. Keine Sorge ich habe jetzt nicht auf einmal die Sparte gewechselt – auch wenn ich Lust hätte öfter große Warmblüter zu reiten. Aber wenn es darum geht Hinterhand und Rücken seines Pferdes zu kräftigen, so findet man in der Reitlehre wie auch auf jeglichen Infokanälen den Tipp Stangenarbeit mit seinem Pferd zu machen. Zusätzlich fördert die Arbeit mit Stangen die Koordination sowie Beweglichkeit, auch deines Islandpferdes.
In der klassischen Pferdeausbildung gehört diese Arbeit mit kleinen Hindernissen (Stangen und Cavaletti*) zu den Grundlagen. Auch bei der Ausbildung von Reiter/innen ist der Leichte Sitz oder Springsitz nicht wegzudenken.
*Der Name „Cavaletti“ kommt vom italienischen Reitmeister Caprilli (1868 – 1907). Er ist mit seinem Caprilli-Stil beim Springen der Begründer des modernen Springsitzes.
Beim Islandpferdereiten ist es üblich Stangen zu verwenden um den Trab zu verbessern. Denn bei Pferden, die unsicher sind im Trab, fördert die Stangenarbeit Takt und Balance. Das kann manchmal auch so weit gehen, dass mit Hilfe einer Bodenstange dein töltendes Islandpferd den Trab entdeckt und eine Zeit lang zum Antraben diese Hilfe am Boden braucht.
Doch all die positiven Wirkungen der Stangenarbeit sind beim Islandpferd nicht auf den Trab begrenzt. Auch im Schritt und Galopp kann die klassische Arbeit mit Bodenstangen eingesetzt werden. Nicht zu unterschätzen ist die positive Wirkung auf Takt und Losgelassenheit im Schritt. Social Media ist voll von Kanälen erfolgreicher Dressurreiter/innen. Beim Durchschauen werdet ihr vielleicht sogar öfter Übungen mit Bodenstangen zur Verbesserung der Schrittqualität finden oder einfache Übungsreihen mit Galoppstangen und kleinen Sprüngen.
Auch beim Westernreiten haben Stangen ihren Platz beim Training. Sehr beliebt auch in anderen Sparten sind Übungen aus der Disziplin „Trail“, wie zum Beispiel ein Stangen-L oder Stangen-U, die vorwärts, rückwärts und eventuell auch seitwärts durchritten werden.
Für mich sind drei Herangehensweisen für die Stangenarbeit relevant. Zwei habe ich schon angeführt:
die klassische Arbeit mit Bodenstangen und Cavaletti
das Auflegen von Figuren aus dem Trail
die Aufgaben mit Dualgassen, die Michael Geitner bekannt gemacht hat
Bisher ist es bei der Arbeit mit Stangen darum gegangen über die Stangen zu reiten oder vom Boden aus darüber zu longieren oder zu führen. Jetzt geht es um die Arbeit mit Gassen, die Balance und Koordination sowie aber auch die Geraderichtung deines vierbeinigen Sportpartners Pferd fördern. Michael Geitner zielte mit dem Einsatz der Farben blau und gelb auf die Förderung der Konzentration ab. Seine blau-gelben Dualgassen sind mittlerweile immer häufiger in Ställen zu finden, auch ich verwende sie sehr gern. Die Arbeit mit den Gassen bedeutet, dass die Stangen am Boden die Linie vorgeben und begrenzend eingesetzt werden. Die Konzentration von Pferd und Mensch wird dabei gefordert und gefördert.
In der Praxis arbeite ich meist mit einer Mischung aus diesen drei Möglichkeiten. Je nachdem wie Pferd und Reiter/in es erlauben, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Denn Überforderung macht nur Stress und hemmt den Trainingserfolg. Die Wahl der Übungen braucht, so wie die meisten Dinge im Leben, ein wenig Fingerspitzengefühl. Als Grundsatz gilt: vom Einfachen zum Schwierigeren, sodass Pferd und Reiter/in richtig gierig werden auf mehr!
Mehr dazu beim nächsten Mal. Bis dahin wünsche ich Euch alles Gute und viel Freude am Pferdesport!
Eure Vicky
Foto: Viktoria Weber
Comments